22.11.2021 – EuGH: Entschädigungsanspruch bei Flugannullierung wegen eines Solidaritätsstreiks

EuGH vom 6.10.2021, Az. C-613/20

Ein Eurowings-Flug von Salzburg nach Berlin musste annulliert werden, weil das Kabinenpersonal aus Solidarität mit ihren im Streik befindlichen Lufthansakollegen ebenfalls die Arbeit niederlegten (Solidaritätsstreik). Hintergrund war, dass die Lufthansa sich in Tarifverhandlungen befand und, um den Druck zu erhöhen, die Streiks auf die Tochtergesellschaft ausdehnte.

Einer der Fluggäste forderte daher eine Entschädigung nach der Fluggastrechteverordnung in Höhe von 250,-- €. Die Fluggesellschaft verweigerte die Zahlung. Sie war der Ansicht, dass ein Streik ein außergewöhnlicher Umstand sei, der Ersatzzahlungen ausschließe.

Die Sache ging vor Gericht. Der EuGH entschied, dass kein außergewöhnlicher Umstand vorliegt.

Es sei vorhersehbar gewesen, dass die Muttergesellschaft, die sich bereits im Streik befinde, auch Beschäftigte anderer Konzernteile auffordern werde, die Arbeit niederzulegen. Wenn für bessere Arbeitsbedingungen gestreikt werde, könne sich der Arbeitgeber nicht darauf berufen, keinerlei Einfluss auf die Maßnahmen zu haben. Der Arbeitgeber verfüge, da für ihn der Ausbruch eines Streiks ein vorhersehbares Ereignis darstellt, grundsätzlich über die Mittel, sich darauf vorzubereiten und damit dessen Folgen gegebenenfalls abzufangen, so dass die Ereignisse für ihn zu einem gewissen Grad beherrschbar bleiben.

Die Fluggesellschaft musste die Entschädigung zahlen.